Unser Cycloklops / Michael hat sein erstes Rennradrennen hinter sich gebracht. Was er dabei gelernt hat, findest du in diesem Artikel. Teaser: Es ist eine ganze Menge.
1. Wieso Rennen fahren?
Die Frage, wieso man überhaupt ein Rennen fahren möchte, stellt man sich wahrscheinlich nur dann, wenn man relativ spät im Leben damit anfängt. Für mich lag der Reiz darin, auf einer abgesperrten Strecke in einer großen Gruppe schnell mit dem Rennrad durch die Gegend zu brausen, ohne die sonst üblichen Begleiterscheinungen wie Verkehr, Organisation etc. Sich mit Autos um den wenigen Platz auf Landstraßen zu streiten ist auf Dauer eigentlich gar nicht so lustig, und von den 25 FreundInnen, die zwei Tage vor der gemeinsamen Ausfahrt noch garantiert dabei sind, kommen dann im Endeffekt 7, und das ist dann für eine große Gruppe doch ein bisschen zu wenig. Das war also meine Motivation.
Ich hab mir als erstes Rennen den Neusiedlersee Radmarathon ausgesucht. Erstens, weil er mir gut in den Kalender passt, zweitens, weil ich die Gegend ganz gut kenne und drittens, weil ich schon längere Zeit eine Runde um den See fahren wollte. Außerdem ist er nicht obszön lang von der Distanz her und die wenigen Höhenmeter kommen meinem Kampfgewicht entgegen. Und zack, gebucht.
2. Das Training
Der wichtigste Punkt der Vorbereitung auf das Rennen ist natürlich das Training, und, naja, da kann ich nicht viel Wertvolles beisteuern. Damjan kann hier wesentlich mehr Information anbieten, ich habe ihn konsultiert, aber der innere Schweinehund ist stark und der Wille schwach. Ich habe versucht, in den 12 Wochen vor dem Rennen ca. 100 bis 150 Kilometer zu radeln, in den meisten Fällen bin ich zumindest auf die 100km gekommen. Man muss aber auch sagen, dass ich von Anfang an keine Ambitionen auf Leistung hatte, und einen Radmarathon schafft man in Wahrheit auch, wenn man regelmäßig am Rad sitzt. Wenn man die Distanz in halbwegs zügigem Tempo schaffen möchte, sollte man mit 3 Sessions pro Woche rechnen und sich auch einen Trainingsplan zurechtlegen, Stichwort Intervalltraining. Wie gesagt, Damjan hilft dabei gern.
3. Die Ernährung
Ähnlich ernsthaft wie das Training bin ich das Thema Ernährung angegangen. Ich habe versucht, den Alkoholkonsum einzuschränken, viele Kohlenhydrate nur an “Trainingstagen” zu mir zu nehmen, insgesamt ein Kaloriedefizit zu fahren, um noch ein wenig abzunehmen. Und ich habe versucht, die ganz großen Grauslichkeiten (Chips, Burger, das Fettige, man kennt das) auszulassen. Außerdem erinnerte ich mich in den Wochen vorm Rennen ständig, mehr zu trinken. Damit konnte ich den Körper zumindest ein wenig in Richtung Wettkampf trimmen, es ist tatsächlich verblüffend, wieviel Ernährung ausmacht und wie schnell man Ergebnisse spürt. Wenn man ein wenig drauf schaut, was man in sich hineinstopft, wird die Performance am Rad besser, die Regeneration verläuft schneller und man fühlt sich insgesamt gesünder. Kaum vorzustellen, was ich alles machen könnte, wenn ich das wirklich ernsthaft betreiben würde…
Die Ernährung findet auch am Fahrrad statt und da habe ich in den letzten Monaten viel probiert. Was letzten Endes am besten und hervorragend funktioniert hat, sind die Produkte von Peeroton, die wir seit Kurzem im Shop haben. Egal, ob der Regenerationsmanager, die Riegel oder die Gels für unterwegs oder die verschiedenen Pulver für die Trinkflasche, der Effekt, den diese Produkte auf den Körper haben, ist ein Wahnsinn. Ich habe mir angewöhnt, am Fahrrad sitzend am Anfang einer Fahrt einen Ultramanager zu essen und alle 30 – 45 Minuten ein Gel zu zünden. Meine Angst vor dem Hungerast ist groß. Und vor jeder Auffahrt darf noch ein Liquid Booster Koffein und Guarana in den Blutkreislauf schießen.
Was das bringt? Frische Beine, frischen Kopf, (fast) keine Krämpfe. Das ist schon angenehm.
Wie ist es Michael beim Neusiedlersee Radmarathon ergangen? Er hat seine persönlichen Erfahrungen für 169k.net zusammengeschrieben.
4. Die Strecke
Nach Möglichkeit sollte man sich die Strecke oder zumindest die Schlüsselstellen vor dem Rennen anschauen. Beim Neusiedlersee Radmarathon sind zum Beispiel der “Anstieg” am Anfang und der Weg die ungarische Grenze entlang die Stellen, wo man schon am Start entscheidende Meter verlieren kann. Ich bin eine Woche davor deswegen ein paar Mal den Anstieg gefahren und habe mir die Strecke angeschaut, das hilft fürs Rennen später sehr viel. Man kennt den Effekt wahrscheinlich von der eigenen Hausrunde, die man ganz anders attackieren kann, als eine unbekannte Route.
Außerdem hilft es, sich mit Leuten auszutauschen, die ein bestimmtes Rennen schon gefahren sind. Je mehr man weiß, desto besser und sicherer ist man unterwegs.
5. Fahren in der Gruppe
Was man unbedingt üben sollte, wenn man die Möglichkeit hat, ist das Fahren in einer Gruppe, quasi im Peloton. Ein Rennen ist nun mal ein Wettkampf und die meisten machen keine Gefangenen, auch wenn es in der Gruppe meist sozial zugeht. Trotzdem gibt es ein paar Dinge, die man beachten sollte und ein paar Regeln, die das gemeinsame, mitunter sehr schnelle Fahren leichter machen.
- Nicht auf Höhe des Hinterrads fahren: Wenn du in der Gruppe fährst, fährst du entweder hinter einer Person oder auf Höhe einer Nebenperson, niemals auf Höhe eines Hinterrads. Es kann immer wieder passieren, dass die Person vor dir einen Schwenk macht, und dann liegst du.
- Nicht hinten bremsen: Wenn du mit Felgenbremsen unterwegs bist, solltest du in der Gruppe dein Tempo mit der Vorderbremse regulieren. Die Person hinter dir ist meist auf dein Hinterrad fokusiert, wenn du mit der hinteren Bremse bremst, bedeutet das meistens einen Notfall. Bei Scheibenbremsen sieht man das nicht gut, dementsprechend vorsichtig sollte man unterwegs sein.
- Gib Signale und befolge Signale: Auch wenn das Tempo hoch ist, wird von den Vorderleuten angezeigt, wenn etwas passiert, das eine erhöhte Aufmerksamkeit bedarf, wenn man beispielsweise an einem parkenden Auto vorbeischwenken muss. Lerne die Signale, die es im Pulk gibt, und lerne auch, diese Signale zu geben. Die Gruppe wird es dir danken.
Eine hervorragende Möglichkeit, das Fahren in der Gruppe zu lernen bzw. zu üben, sind die Nice and Easy – Ausfahrten vom VICC. Vor dem ersten Rennen solltest du da unbedingt mal mitfahren.
6. Die Ausrüstung
Vor dem Rennen solltest du dir sicher sein, dass am Fahrrad alles passt. Putze es (weil wie schaut das sonst aus auf der Startlinie), überprüfe, ob alle Schrauben angezogen sind und ob alles so läuft, wie es laufen soll. Ein paar Tage vor dem Rennen ist auch nicht der richtige Zeitpunkt für Experimente, du solltest also eher darauf verzichten, neue Teile zu montieren, ohne sie zu testen. Das kann im Wettkampf zum Problem werden.
Für den Notfall solltest du vorbereitet sein, dementsprechend sollten mindestens ein Ersatzschlauch, ein Paar Reifenheber, eine Pumpe oder CO2-Kartusche und ein Multitool dich beim Rennen begleiten. Wenn du’s selbst nicht brauchst, dann kannst du womöglich anderen aus der Klemme helfen. Man fährt schließlich miteinander.
7. Der Plan
Zu guter Letzt solltest du dir einen Plan für das Rennen zurechtlegen. Beim Start solltest du möglichst weit vorne stehen und bevorzugt links, denn die meisten sind vom Training gewohnt, rechts zu fahren. Wenn du dich über die Begebenheiten des Rennens informiert hast, weißt du, was wind- und wettertechnisch wahrscheinlich auf dich zukommt, versuche deine Erwartungshaltung für das Rennen entsprechend abzustimmen. Setze dir ein zeitliches Limit, das du knacken möchtest, versuche eine Gruppe zu finden, die dein Tempo fährt, fahre beherzt, aber nicht mit unnötigem Risiko und genieße das Rennen. Denn auch wenn die Beine brennen und der Kopf flirrt, das Gefühl eines Wettkampfs ist einzigartig und das sollte man zumindest einmal genossen haben.